Die Radolfzeller Aach

Die ursprünglich zwischen Beuren und Hausen in großen Schlingen durch den Talraum fließende Hegauer Aach wurde zwischen 1880 und 1903 zu Gewinnung von landwirtschaftlichen Nutzflächen vollständig begradigt und kanalartig ausgebaut. Im Rahmen des wasserwirtschaftlich – ökologischen Entwicklungskonzeptes konnte durch Anlage von Strömungshindernissen im Flussbett (“Buhnen”) die eigendynamische Entwicklung der Aach angeregt werden.

Aach bei Beuren

Aach mit Fallenstock (Bild: Gramlich)

So kann sich der Fluss sein Bett wieder selbst gestalten. Ursprünglich wies die Hegauer Aach fast auf ihrer gesamten Strecke einen stark geschlängelten Lauf auf. Durch größere Strömungsgeschwindigkeiten wurde an den Außenkurven der “Mäander” Boden abgetragen (Steilufer) und an den strömungsberuhigten Innenkurven angelandet (Flachufer).

Schwäne in Beuren

Schwäne haben ganzjährig ihr Revier in Beuren an der Aach (Bild: Gramlich)

Um der Aach zwischen Beuren und Hausen wieder ihre Eigendynamik zurückzugeben, wurden im Rahmen des wasserwirtschaftlich – ökologischen Entwicklungskonzeptes am rechten Ufer fünf Buhnen zu Strömungsablenkung eingebaut. Auf der gegenüber liegenden Uferseite wurden Uferbefestigungen entfernt und das Ufer ausgeweitet. Die Aach darf nun an den neuen Prallufern “knabbern”. Im Gewässer hat sich bereits eine neue Vielfalt an Lebensräumen mit wechselnden Strömungsverhältnissen eingestellt.

Um 1890 wurden die Mäander der Aach durchstochen und ein kanalartiges, schnurgerades Flussbett geschaffen. Viele der ehemaligen Mäander wurden zugeschüttet. Das neue, monotone Flussbett bot vielen Tieren und Pflanzen der ehemaligen Flusslandschaft keinen Lebensraum mehr. Durch großzügigen Grunderwerb im Rahmen der Flurneuordnung für die Autobahn steht der Aach in der linksseitigen Aue wieder viel Platz für ihre Eigenentwicklung zur Verfügung. Der rechtsseitige Uferweg und die dort verlaufende Abwasserleitung werden bei Bedarf durch Uferweiden gesichert.

Die Beurener Wässerwiesen

Als Ausgleich für die Eingriffe in den Naturhaushalt des Aachtals beim Bau der Umgehungsstraße von Beuren wurden im Jahr 1999 in den Flur “Obere Wiesen” in Anlehnung an die frühere Bewirtschaftung Wässerwiesen eingerichtet. Durch die Zufuhr von Wasser aus der Hegauer Aach werden die ehemaligen Auewiesen wieder stärker als Feuchtlebensraum für die angestammte Tier- und Pflanzenwelt entwickelt.

Wässerwiesen Beuren

Die Wässerwiesen bieten nicht nur großen Tieren ein Zuhause (Bild: Gramlich)

Früher regelte die “Ortspolizeiliche Wässerungsordnung” der “Oberwiesengenossenschaft Beuren” die Bewässerung. Heute erfolgt die Bewirtschaftung durch Landwirte nach den fachlichen Vorgaben des Naturschutzes. Wie damals überwacht auch heute noch ein “Wässerwart” die Anlage.
Die Bewässerung der Wiesen mit Wasser aus der Aach war bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts eine gängige Bewirtschaftungsform im Aachtal. Das Flusswasser sowie die darin enthaltenen Nährstoffe steigerten das Wachstum der Wiesenpflanzen, so dass ohne Düngung bis zu dreimal pro Jahr gemäht werden konnte.

Heckrinder in Beuren

Heckrinder bevölkern die Wässerwiesen ganzjährig (Bild: Gramlich)

Das Nebeneinander von schwach überrieselten, nassen und wechselfeuchten Wiesen sowie Gebüsch und Auwald bietet vielfältige Lebensräume für zahlreiche Amphibien- und feuchtgebietstypische Vogelarten wie z.B. Grasfrosch, Ringelnatter, Bekassine und Graureiher. Daneben erinnert die Anlage auch an diese verloren gegangene Wiesenwirtschaft. Das Flusswasser wird in einem System von Gräben mittels Stellfallen auf die vier Wässerparzellen verteilt und dort “verrieselt” oder eingestaut. Gewässert wird von Frühjahr bis Spätherbst, wobei die vier Teilbereiche reihum jeweils mehrere Tage hintereinander beschickt werden. Überschüssiges Wasser wird wieder in die Aach abgeleitet.

Störche in Beuren

Lange Zeit war Beuren an der Aach aufgrund fehlender Nistmöglichkeiten für die heimkehrenden Störche uninteressant. Der alte Schlauchtrocknungsmast der Freiwilligen Feuerwehr Beuren bot Gelegenheit ein Gitternest anzubringen.

Störche in Beuren

Das Beurener Storchennest ist jährlich stark umkämpft (Bild: Gramlich)

Dies wurde im Jahre 1998 realisiert, als Wolfgang Gramlich in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr Singen eine Gitterkonstruktion am altgedienten Masten anbrachte. Mit ein paar Weiden am äußeren Gitterrand wollte man ein Storchenpaar zum Ausbau animieren. Jedoch wurde die Konstruktion, trotz idealer Nahrungsgebiete in den Wässerwiesen und im Weitenried, nicht genutzt. Einen erneuten Aufstieg mit der Drehleiter und zusätzlichem Nistmaterial im Spätjahr 2001, sollte dann zum gewünschten Erfolg führen.

Storchenvater Wolfgang Schläfle beim beringen der Jungstörche

“Storchenvater” Wolfgang Schläfle beim beringen der Jungstörche (Bild: Gramlich)

Ein Jahr später fand ein Storchenpaar nach langer Abstinenz wieder den Weg nach Beuren und baute das Nest mit Erfolg weiter aus. Vermutlich erblickten 3 Jungstörche im Frühjahr 2002 das Licht der Welt. Wahrscheinlich starb ein Vogel an Unterernährung, da seine beiden Geschwister schon ein paar Tage früher geboren wurden.

Der “Storchenvater” Wolfgang Schläfle aus Böhringen besucht die Jungtiere jedes Jahr um ihnen einen Erkennungsring anzulegen. Hiermit kann im Laufe des Lebens eines Storches seine Herkunft bestimmt werden. Mit dieser Markierung konnte festgestellt werden, das im Jahre 2003 ein Vogel den Flug nach Afrika nicht überlebte.